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„Ich fühle mich beim Verlag gut aufgehoben“

Peter Müller mit seinen beiden aktuellen Sachbüchern

Über meine Zusammenarbeit mit Peter Müller in Sachen Fachlektorat für seine Sachbücher hatte Evelyn Kuttig schon 2019 mit mir gesprochen. In meiner Interview-Reihe mit Buchmenschen kommt Peter jetzt selbst zu Wort und erzählt über seinen Werdegang als Autor und seine Erfahrungen mit Verlagen und Selfpublishing:

Bitte stell Dich kurz vor uns sag uns, welche Art von Büchern Du schreibst.

Mein Name ist Peter Müller. Geboren und aufgewachsen bin ich in der nordwestdeutschen Tiefebene, und inzwischen lebe ich in Groningen, im Norden der Niederlande. Nordish by nature sozusagen. 

Ich schreibe Bücher für Einsteiger zu Themen rund um das Web. Aktuell sind das »Einstieg in WordPress 6« und »Einstieg in HTML und CSS«

Wann und warum hast Du mit dem Bücherschreiben angefangen?

Angefangen habe ich Ende der 90er Jahre. 

Damals arbeitete ich als IT-Dozent und habe für den Unterricht häufig eigene Skripte geschrieben. Dabei habe ich gemerkt, dass mir das Schreiben genauso viel Spaß macht wie das Unterrichten. 

Ich habe mich dann bei einem Verlag beworben (Data Becker), weil ich ein Buch über das Erstellen von Websites für Einsteiger schreiben wollte, aber die Idee wurde abgelehnt, weil das nach Verlagsmeinung niemand haben wolle. 

Tja. Sie haben es sich das dann doch noch überlegt, und »Eigene Homepage erstellen« wurde ein echter Bestseller. 

Was hast Du Dir damals davon erhofft, und hat sich das erfüllt?

Ich war damals Dozent, hatte einfach Spaß am Schreiben, und das habe ich auch heute noch. Insofern hat sich alles erfüllt, was ich mir davon erhofft habe. 

Ohne diesen Enthusiasmus sollte man mit dem Schreiben von Fachbüchern am besten gar nicht erst anfangen, denn reich und berühmt wird man damit definitiv nicht. 

Du bist dann schon früh zum Selfpublishing gewechselt, als das noch nicht so bekannt war. Was hat sich dadurch für Dich geändert?

2005 spielte ich mit dem Gedanken, eine Einführung zum Gestalten von Webseiten per CSS zu schreiben, und habe dann zufällig auf einer nächtlichen Autobahnfahrt eine Sendung über Veränderungen im Verlagswesen gehört. 

Durch die Digitalisierung des Buchdrucks wurde es möglich, ein Buch erst auf Bestellung (on demand) drucken zu lassen. Damit entfiel das Problem der Auflage, die vorab eine Menge Geld kostet und eigentlich immer zu groß oder zu klein ist. 

Wieder zu Hause recherchierte ich ein wenig im Web und fand Books on Demand, die aus den technischen Möglichkeiten ein Komplettpaket mit Druck, ISBN und Versand geschnürt hatten. 

Der Schritt zum Selfpublishing hatte damals mehrere Gründe. Zum einen behält man alle Rechte am Text, was nicht ganz unwichtig ist. Zum anderen schreibt man bei Verlagen fast immer für eine Buchreihe, und dabei muss man sich an vorgegebene Formate halten. Mir schwebte ein kleines, dünnes Buch vor, eine praktische Anleitung, in der wirklich nur das Wichtigste steht, und diese Idee passte nicht zu den vorhandenen Buchreihen. 

Außerdem bekommt man als Verlagsautor für kleine günstige Büchlein fast nichts mehr. Verträge mit einem Honorar von ungefähr 10 Prozent des Verlagsverkaufspreises (der bei etwa der Hälfte des Endverkaufspreises liegt) sind marktüblich: Wenn ein Buch im Laden also 15 Euro kostet, bekommt der Autor pro verkauftem Exemplar ungefähr 75 Cent. Brutto. 

Beim Selfpublishing ist das pro verkauftem Buch deutlich mehr, da der Verlagsanteil ja entfällt. Also habe ich das mal probiert. Im Mai 2006 war »Little Boxes« fertig, und es war ein Erfolg. Aus dem kleinen gelben Book on Demand wurde sehr schnell ein Buch mit Demand. 

 

Little Boxes in der ersten Auflage
Die Erstausgabe von „Little Boxes“

Warum bist Du dann trotzdem wieder zu einem Verlag zurück und wie kam es dazu?

Selfpublishing hat mir gut gefallen, und es hat auch alles so geklappt, wie ich es mir vorgestellt hatte. Aber den Arbeitsaufwand für so ein Projekt hatte ich doch unterschätzt. 

Beim Selfpublishing übernimmt der Autor neben dem Schreiben des Buches ja auch die tradtionellen Verlagsaufgaben. Man schreibt also nicht nur das Manuskript, sondern muss sich auch mit Details wie Buchformat, Cover, Layout, Lektorat, PDF-Einstellungen, Seitenzahl, Verkaufspreis und vielem mehr beschäftigen.

Und wenn es das Buch dann gibt, weiß ja noch niemand davon. Da ist dann beim Selfpublishing auch wieder der Autor dran, und Marketing ist echt nicht mein Ding. 

Für ein Projekt mag das alles noch gehen, aber wenn man noch weitere Bücher im Kopf hat, kommt das zumindest als Nebenberuf schnell an seine Grenzen. 

Im Herbst 2006 nahm darum ein Freund ein paar Exemplare des kleinen gelben Büchleins mit zur Frankfurter Buchmesse, gab bei einigen Verlagen ein Exemplar ab, und kurz danach hatten sich vier Verlage gemeldet, die das Buch gerne verlegen wollten.

Ich habe damals lange gezweifelt, ob ich das wirklich machen soll, denn die klassische Verlagsarbeit hatte ich für Little Boxes ja schon erledigt. Außerdem bekam der Verlag die Nutzungsrechte am Text und das Buch wurde dicker und teurer (siehe oben, Buchreihe). Trotzdem blieb pro verkauftem Exemplar für mich weniger als beim Selfpublishing (siehe oben, Honorar). 

Das klingt an sich nicht wie ein guter Deal, aber ich habe es trotzdem gemacht und es nicht bereut. Ein guter Verlag steckt eine Menge Arbeit in so ein Buch, und dann kann man sich als Autor wirklich auf die Inhalte konzentrieren. 

Du hast schon Erfahrungen mit mehreren Verlagen gemacht. Welche Tipps würdest Du anderen geben, worauf sie achten sollten, wenn es zur Zusammenarbeit mit einem Verlag kommt?

Schaut euch um, welcher Verlag zu euch passt. Ich habe mich damals für Markt+Technik entschieden, und zwar in erster Linie, weil ich mit dem Lektor Boris Karnikowski einen guten Klick hatte (und habe). 

Später bin ich dann zu Galileo gewechselt (jetzt Rheinwerk), denn auch der beste Lektor ist in die Strukturen seines Verlags eingebunden. Markt+Technik gehörte zu Pearson, und die haben irgendwann beschlossen, keine Computerbücher mehr zu machen. Aber das ist eine andere Geschichte.

Bei Rheinwerk fühle ich mich als Autor gut aufgehoben. 

Selfpublishing wird immer beliebter. Was glaubst Du, woran das liegt? Haben Social Media etwas damit zu tun?

Social Media erleichtern sicherlich das Marketing nach der Produktion des Buches, aber das ist nur ein Teil der Arbeit. Ich glaube, dass viele Autoren sich die Sache zu leicht vorstellen. Der zeitliche Aufwand liegt beim Selfpublishing manchmal eher über den Erwartungen der Autoren, und die tatsächlich verkauften Exemplare eher darunter. 

Wobei das natürlich auch auf das Buchprojekt ankommt. Bücher mit fließendem Text wie Romane sind deutlich leichter umzusetzen, als Fachbücher mit vielen Abbildungen und aufwändigem Layout. 

Und wenn das Projekt nur als E-Book erscheinen soll, entfällt auch noch der Druck, was das Selfpublishing noch einfacher macht.

Wie finden Deine Bücher ihre Leser? Wieviel Arbeit kommt dabei vom Verlag, und was steckst Du selbst da rein?  

Dass die Bücher ihre Leser finden, ist eine Kooperation, wobei der Verlag den Löwenanteil übernimmt. Ich beantworte Anfragen von Lesern, und meist gibt es auch eine Website zum Buch, aber ich mache kein traditionelles Marketing. 

Der Verlag sorgt zum Beispiel dafür, dass die Bücher im stationären Buchhandel verfügbar sind und ausliegen. Das sollte man zumindest bei Fachbüchern auch im Jahre 2023 nicht unterschätzen. 

Sind Sachbücher im IT-Bereich überhaupt noch zeitgemäß? Du selbst bietest ja auch Videotrainings an. Wo (außer im Medium selbst) siehst Du die wichtigsten Unterschiede für Dich und für die Nutzer? Was ist für wen besser geeignet?

Ja, ich denke schon, dass Sachbücher im IT-Bereich noch zeitgemäß sind, und das auch noch eine Weile bleiben werden, auch wenn sich die Bedeutung natürlich ändert. Kinos gibt’s ja auch noch, trotz Fernsehen und Streaming. 

Besonders beliebt ist inzwischen die Kombination von Buch und E-Book (und Rheinwerk produziert ausgezeichnete E-Books). Viele Leser schreiben mir, dass sie dann das Papier-Buch zum Lesen und Anmerken und das E-Book zum Suchen nach bestimmten Stichworten nutzen.  

Videotrainings sind für mich eher zum schnellen Schnuppern geeignet. Ich weiß dann in relativ kurzer Zeit ungefähr, worum es dabei geht. Das Vertiefen fällt mir aber mit Büchern oder auch online verfügbaren Texten leichter. 

Der Prozess des Lesens ist für mich beim Durchdenken von Themen oft einfach besser geeignet als der des Zuschauens. Aber vielleicht ist das auch nur Gewohnheit. 

Gibt es sonst noch etwas, das Du noch zum Thema Bücher loswerden möchtest?

Eine der spannendsten Entwicklungen in den nächsten Jahren wird sicherlich das Aufkommen von automatisch generierten Texten sein. 

ChatGPT von Open AI hat in den letzten Monaten für Furore gesorgt, und das Ergebnis ist wirklich beeindruckend. Ein kurzer Text zum Template-System von WordPress ist damit in wenigen Sekunden erstellt, und das Ergebnis ist zumindest als Rohfassung durchaus brauchbar. 

Momentan ist das für Autoren wie mich eher eine Arbeitserleichterung als eine Bedrohung, aber wer weiß wie sich das in den nächsten Jahren entwickelt. 

Wo findet man Dich am besten online?

Die Website pmueller.de hat sich als Homebase herauskristallisiert, und dort gibt es auch Links zu den Buch-Websites und anderen Online-Aktivitäten. Auf Mastodon bin ich als   @pmmueller auf mastodon.social zu finden. 

Vielen Dank fürs Mitmachen in meiner Reihe, lieber Peter!

Fotos: Peter Müller 

Ein Beitrag zum Thema „Buchherstellung“, Schwarzaufweiss Evelyn Kuttig


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Annette Schwindt

Annette Schwindt

Wegbegleiterin für digitale Komunikation und Lektorin aus Bonn. Arbeitet vorwiegend mit Buchmenschen, WordPress-Fan, digital resident. Ihr Motto: "Es geht um Menschen und Gespräche! Digitale Kommunikation ist das, was wir daraus machen."

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